Aiki-Ken

Aiki-Ken (合気剣) – die Wiedergeburt des Bokken

Während seiner Zeit in Iwama experimentierte Morihei Ueshiba mit einer Vielzahl von Waffen, insbesondere mit dem Stab (Jo) und dem Holzschwert (Bokken), aber auch mit recht unbekannten Waffen wie dem Tessen (Kampffächer). O Sensei entdeckte dabei, dass sich die Bewegungen mit den Waffen sehr gut auch auf Techniken mit der unbewaffneten Hand übertragen ließen. So sind sich beispielsweise ein Hieb mit dem Schwert und ein Schlag mit der Handkante sehr ähnlich. Werden die Schnittbewegungen des Bokkens auf waffenlose Techniken übertragen, ist es möglich, müheloses Aikido zu betreiben. So entstanden im Aikido Techniken mit dem Schwert (Aiki-Ken) und dem Stab (Aiki-Jo) – mit dem Ziel, die waffenlosen Techniken zu verbessern. Auf diese Weise wurde das Bokken der Samurai wieder populär und erlebt seither eine Renaissance.

Unter Aiki-Ken versteht man die durch O Sensei Morihei Ueshiba in seinem Dojo in Iwama entwickelten Schwertformen. Diese wurden von seinem langjährigen Schüler Morihiro Saito (1928 – 2002) akribisch gesammelt, geordnet, weiterentwickelt und in ein Lehrsystem (Iwama Ryu, Takemusu Aikido) gebracht.

Morihei Ueshiba studierte im Laufe seines Lebens mehrere verschiedene Kenjutsu-Stile, darunter auch Kashima Shinto-Ryu. Die in Iwama entwickelten Aiki-Ken-Techniken basieren überwiegend auf den Lehren dieses Kentjutsu-Stiles. Kenjutsu wurde mit dem Ziel entwickelt, den Gegner innerhalb kürzester Zeit zu töten. „Der wichtigste Unterschied zwischen Aiki-Ken und Kenjutsu besteht darin, dass O Sensei mit seinem Aikido eine Kampfkunst des Friedens geschaffen hat und auch das Aiki-Ken ausschließlich dazu dient, Leben zu bewahren anstatt es zu nehmen. Die Schnittpunkte, sowie Schwert-Endpunkte sind beim Aiki-Ken völlig anders als beim Kenjutsu. Und sind dazu da, den Angreifer zu kontrollieren und nicht um ihn zu zerstören oder ‚durchzuschneiden‘, wie bei Kenjutsu“ (Edmund Kern, 8. Dan, Schüler von Morihiro Saito).

Der Hauptzweck des Aiki-Ken besteht darin, die Prinzipien des Aikido besser zu verstehen und anwenden zu können sowie Fehler in der eigenen Aikido-Technik zu vergrößern.

Etikette (Kishaho)

Der Bokken wird auch im Aiki-Ken immer wie eine scharfe Waffe behandelt:

  • Der Bokken wird nur am Griff bzw. an der stumpfen Rückseite der Klinge angefasst. Die „scharfe“ Seite der Klinge ist tabu.
  • Der Bokken wird immer mit Bedacht und Konzentration geführt (kein wildes Herumfuchteln).
  • Beim Grüßen zum Partner oder zur Kamiza bzw. bei der Übergabe der Waffe zeigt immer die stumpfe Seite nach vorne und der Griff nach links. Dies macht man bewusst, um friedliche Absichten anzuzeigen.
  • Im Seiza legt man den Bokken rechts neben sich. Die stumpfe Seite zeigt nach außen.

Aiki-Ken besteht aus mehreren Teilbereichen:

  • Ken no Kamae – Grundstellungen mit dem Bokken
  • Shintai – Schritttechniken und Körperdrehungen
  • Nukitsuke & Noto – die Kunst des Schwertziehens und Zurücksteckens
  • Suburi – Einzelübungen, Grundübungen
  • Kumi-Tachi – Partnerformen, Schwert gegen Schwert
  • Tachi-Dori – Entwaffnung eines mit dem Schwert bewaffneten Angreifers
  • Tachi-Nage – mit dem Schwert werfen
  • Ken Tai Jo – Bokken versus Jo

Ken no Kamae – Grundstellungen mit dem Bokken

Unter Kamae (構え) versteht man die Grundhaltung oder Ausgangsstellung des Kämpfers, aus der man den Gegner angreifen oder auf dessen Angriff reagieren kann. Es gibt Geschichten darüber, wie Duelle zwischen Samurais schon in Kamae entschieden wurden, ohne dass ein einziger Hieb gefallen war. Derjenige, welcher ein überlegenes Kamae hat, verliert den Kampf nicht.

Man soll bereit, entspannt sein und einen leeren Kopf haben. Die Körperhaltung ist aufrecht und relaxt. Die Füße stehen schulterbreit auseinander, die Beine leicht gebeugt. Stellungen mit großer Schrittbreite werden nur in Ausnahmefällen eingenommen. Folgt man den Worten O Senseis gibt es im Aikido „keine besondere Verteidigungsstellung, sondern wir stehen und bewegen uns völlig natürlich.“ Eine derartige Position wird Shizentai genannt.

Dennoch wird Kamae im Aikido strategisch dazu verwendet, um einen Angriff auszulösen und zu manipulieren. Zeigt man den Angreifer bewusst eine Blöße, kann man ihn dazu verleiten, exakt diese Stelle anzugreifen. Auf diese Weise ist es möglich, schon vor dem eigentlichen Angriff zu wissen, was kommt. Man ist dem Gegner somit immer einen Schritt voraus. Das ist jedoch ein Kennzeichen eines äußerst fortgeschrittenen Aikidos, insbesondere wenn es aus der natürlichen Bewegung heraus gelingt. Die hierfür nötige Erfahrung erwirbt man sich erst nach jahrzehntelangem Training.

Im Aikido ist die übliche Grundposition Hanmi Gamae: Beide Füße stehen auf einer imaginären Linie zum Partner ausgerichtet. Der vordere Fuß zeigt nach vorn, der hintere im rechten Winkel zur Seite, der Körper ist ein wenig zur Seite gewandt. Diese Position resultiert aus dem Schwertkampf, wo sie als Seigan No Kamae oder Migi Chudan no Kamae bezeichnet wird. Das rechte Bein ist vorn (Migi). Die Hände halten das Schwert exakt in der Mittellinie des Körpers vor sich. Die Schwertspitze zeigt auf den Hals bzw. die Kehle des Partners. Die linke Hand hält das Schwert knapp unterhalb des Bauchnabels. Wir befinden uns damit in der mittleren Angriffsstufe, dem Chudan.

Hebt man das Bokken direkt über den Kopf, kommt man in Jodan no Kamae, eine offensive Haltung, die augenblicklich zum Angriff genutzt werden kann. Aus dieser Überkopfstellung sind sowohl senkrechte als auch schräge (diagonale) Schnitte möglich. Wird nun das Schwert rechts seitlich neben dem Kopf halten, spricht man von Hasso no Kamae. Hieraus werden hauptsächlich diagonale Schnitte ausgeführt.

Wird aus der mittleren Position das Bokken auf Kniehöhe abgesenkt, entsteht Gedan no Kamae oder Mu-Gamae. Diese tiefe Vorhalte ermöglicht schnelle seitliche Schnitte von rechts unten nach links oben.

Nimmt man aus der Migi Chudan no Kamae das vordere Bein zurück und bewegt dabei gleichzeitig den Bokken seitlich hinter den Körper, entsteht die seitliche Haltung Waki no Kamae. Sinn dieser Stellung ist es, dem Gegner das Schwert zu verheimlichen. Waki no Kamae ist weniger eine Angriffstellung als eine Herausforderungsstellung.

Verschiedene Stellungen mit dem Schwert

Shintai – Schritt-Techniken und Körperdrehungen

Die Arbeit mit dem Bokken verläuft nicht statisch. Sie kann sehr dynamisch werden. Flexibilität ist sehr wichtig. Man muss in der Lage sein, vorwärts- und rückwärts zu laufen und in allen Richtungen hin ausweichen zu können. Die Beinarbeit, also das richtige Gehen und Wenden des Körpers muss geübt und mit der Armarbeit koordiniert werden. Hierbei kommen Gleitschritte, Übersetzschritte und Körperdrehungen (Tai Sabaki) zum Einsatz, die sich von der üblichen Beinarbeit im Aikido kaum unterscheiden, weil sich diese hieraus entwickelt hat.

Die Füße werden dabei generell nicht wie beim normalen Gehen angehoben, sondern schlurfen über den Boden. Die Japaner nennen das Suri Ashi. Aus dieser speziellen Fußarbeit resultiert eine wesentlich stabilere Körperhaltung. Das Wegfegen der Füße wird erschwert.

Auch das Normale, ein Fuß vor den anderen setzen – bezeichnet als Ayumi Ashi – erfolgt grundsätzlich als Suri Ashi. Überholende Schritte können sowohl vorwärts, rückwärts bzw in alle Richtungen erfolgen. Dabei wird zwischen Migi Hamni (rechts vorn) und Hidari Hamni (links vorn) gewechselt. Normalerweise dreht sich dabei gleichzeitig der Oberkörper und man wendet dem Partner die andere Körperhälfte zu. Da jegliche Bewegungen von der Hüfte ausgehen, hat dies Auswirkungen auf die Schwerthaltung. Man kann es aber auch so einrichten, dass der Oberkörper dabei keine Drehung erfährt, und die Schwertausrichtung gleich bleibt: Hierzu wird der hintere Fuß durch Überkreuzen vor den ehemals vorderen Fuß aufgesetzt. Die Fußinnenkante zeigt dabei nach vorn, die Zehen seitlich nach außen. Anschließend wird der nun hintere Fuß gerade nach vorn gebracht.

Ayumi Ashi – Überstellschritt

Auch Gleitschritte, Tsugi Ashi, werden über den Boden schleifend ausgeführt. Hier überholen sich die Füße beim Gehen nicht. Sie nähern sich einander an und entfernen sich wieder. Man gleitet zuerst mit dem vorderen Fuß nach vorne und zieht den hinteren nach. Beim Rückwärtsgehen wird zuerst der hintere Fuß bewegt, danach der vordere.

Tsugi Ashi – Gleitschritt

Eine Sonderform des Tsugi Ashi ist der Okuri Ashi. Hier ändert sich jedoch die Reihenfolge: beim Vorwärtsgehen wird zuerst das hintere Bein ans vordere herangezogen, danach das vordere nach vorn geschoben. Rückwärts beginnt mit dem zurückziehen des vorderen Fußes an den hinteren, der daraufhin nach hinten geschoben wird.

Mittels Issoku Irimi (Vorwärtsschritt) bewegt man sich vorwärts. Dies kann über einen Gleitschritt passieren, wobei die Körperstellung gleichbleibt oder mittels Überholschritt, wodurch linke und rechte Seite wechseln. Mehrere Vorwärtsschritte hintereinander werden Irimi Ashi genannt.

Durch Drehung der Hüfte (Tenkai) ändert man seine Bewegungsrichtung auf der Stelle, ohne einen Fuß zu setzen. Das Gewicht liegt zwischen den Füßen. Die Hüfte wird um 180 Grad gedreht; die Füße drehen sich auf den Fußballen um 90 Grad dabei. Wird vor dem Tenkai das vordere Bein nach vorn geschoben, bezeichnet man das als Kaiten.

Eine Drehung des Körpers erreicht man auch, in dem man auf den Fußballen des vorderen Fußes rückwärts dreht. So kann man eine 180 Grad Drehung vollziehen, welche als Umlenkschritt (Tenkan Ashi) bezeichnet wird.

Durch Kombination eines Vorwärtsschrittes mit einem nachfolgenden Umlenkschritt, entsteht Irimi-Tenkan, einer der häufigsten Schrittkombinationen im Aikido. Irimi-Tenkan entspricht in der Nomenklatur von Dynamic Aikido Nocquet dem Tai-Sabaki. Andere Aikido-Stile fassen den Begriff des Tai-Sabaki weiter und meinen damit jegliche Körperdrehungen.

Nukitsuke – die Kunst des Schwertziehens &
Noto – Zurückstecken des Schwertes

Die Kunst des Schwertziehens wird, verbunden mit meditativen Elementen, im Iaido geübt. Im Aiki-Ken geht es wesentlich profaner zu. Hier steht die Problematik im Vordergrund, den Bokken schnell und effektiv einsatzbereit verfügbar zu haben. Zunächst wird der Bokken in den Gürtel (Obi) des Übungsanzuges (Dogi) gesteckt. Der Bokken ist ca. 1 m lang und steckt mit etwa 2/3 seiner Länge im Gürtel. Wird er gerade nach vorn herausgezogen, kommt die Länge des ziehenden Armes schnell an ihre Grenzen. Noch problematischer ist es mit einem richtigen Katana, welche samt Scheide im Gürtel steckt. Es lässt sich praktisch nicht gerade nach vorn herausziehen. Um das Schwert dennoch schnell aus dem Gürtel bzw. aus der Scheide herauszuziehen, wurden verschiedene Formen des Nukitsuke, des Schwertziehens, entwickelt, die man auch im Aiki-Ken trainieren sollte. Dabei spielen die Winkel, in denen das Schwert gezogen wird, abhängig vom danach zu erfolgenden Schnitt, und die Drehung der Hüfte nach hinten (also in die entgegengesetzte Richtung) eine wichtige Rolle. Zudem muss das Schwert in einer stabilen Form geführt werden, die ein sofortiges Zuschlagen möglich macht und beim scharfen Katana nicht dazu führt, dass die Scheide beim Herausziehen zerstört wird.

Auch die elegante Zurückführung des Schwertes bzw. des Bokkens in die Scheide bzw. den Gürtel, das sogenannte Zurückstecken (Noto), sollte man nicht ganz außer acht lassen. Es dient dem besseren Verständnis sowohl für die Waffe als auch für die Kunst damit umzugehen.

Suburi – Kihon

Kihon bedeutet „Grundlage“ oder „Basis“. Suburi (素振) kann mit „Übungsschwingen“übersetzt werden. Werden Suburi mit dem Bokken ausgeführt, trifft die Bezeichnung „Schnittübungen“ den Kern der Sache besser. Es handelt sich um grundlegende Bewegungen mit dem Schwert, die allein, also ohne Partner geübt und perfektioniert werden. In der Regel übt man die einzelnen Suburis in mehreren Sätze je 8 mal am Stück hintereinander. Suburi eignen sich, korrekt ausgeführt, auch hervorragend zur Erwärmung. Da die Übungen immer von der Hüfte ausgehen, ist der gesamte Körper daran beteiligt. Falls ein Spiegel vorhanden ist, sollte man diesen nutzen, um sich während der Suburi regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Toshiro Suga empfiehlt täglich 1000 Suburis mit dem Suburi-To zu machen, was in etwa 20 bis 25 Minuten benötigt (ohne Pausen).

Im Iwama-Ryu von Saito gibt es sieben Aiki-Ken Suburi, die einfach durchnummeriert benannt worden: Ichi-/Ni-/San-/Yon-/Go-/Roku-/Shichi – no-Suburi

Iwama Ryo Aiki-Ken Suburi nach Saito

Toshiro Tsuga lehrt 8 unterschiedliche Suburi, die er als Bukuto No Kinhon Gijitsu bezeichnet:

  • Shomen – gerader Schnitt von oben nach unten
  • Yokomen – schräger Schnitt von oben zum Hals, von rechts nach links
  • Gyaku Yokomen – schräger Schnitt von oben zum Hals, von links nach rechts
  • Hidari Ichi Mon Ji – horizontaler Schnitt von links nach rechts auf Halshöhe
  • Migi Ichi Mon Ji – horizontaler Schnitt von rechts nach links auf Halshöhe
  • Gyaku Kesa – diagonaler Schnitt entlang des Gi-Saums von unten links nach rechts oben
  • Jisuzuri – diagonaler Schnitt entlang des Gi-Saums von rechts unten nach links oben
  • Tsuki – Stoß zum Kehlkopf, Schwertspitze zeigt zum Boden, Schneide zeigt zur Kinn

Christian Tissier zeigt in seinem Aiki-Ken-Video u.a. folgende Suburi:

  • Shomen Uchi – gerader Schnitt von oben nach unten aus Seigan non Kamae in 1, 4 und 8 Richtungen, Hasso no Kamae und Waki no Kamae
  • Kiri Kaeshi – bedeutet „den Schnitt erwidern“, gleichzeitiges Blocken und Schneiden zum Kopf, links und rechts
  • Yokomen Uchi – schräger Schnitt von oben zum Hals, von rechts nach links
  • Gyaku Yokomen – schräger Schnitt von oben zum Hals, von links nach rechts, mit Schritt links vor
  • Kesa Giri – diagonaler Schnitt von oben nach unten entlang der Kesa, dem vorderen Saum der Jacke. Im Gegensatz zum Yokumen Uchi wird Kesa Giri nicht angehalten, sondern bis kurz vor dem Boden durchgezogen. Kesa Giri starte zudem seitlich von der Schulter.
  • Kote Giri – ähnlich Kiri Kaeshi, jedoch rotieren die Schnitte eher aus dem Handgelenk und das Schwert bewegt sich seitlich an den Schultern vorbei, statt hinter dem Kopf herumgeführt zu werden

Wie man bei den Suburi sehen kann, gibt es hier kein einheitliches System. Natürlich gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Aiki-Ken-Schulen. Shomen Uchi oder Yokomen Uchi sind einfach universelle Schnitttechniken, die überall sehr ähnlich ausgeführt werden. Dennoch hat jede Schule ihre eigenen Besonderheiten entwickelt, die eine Vereinheitlichung erschweren. Diese Unterschiede treten bei den Kumi-Tachi-Formen in noch stärkeren Ausmaß in Erscheinung.

Kumi-Tachi

Die Partnerformen des Aiki-ken werden Kumi-Tachi genannt (組太刀). Man übt kurze Kata-Sequenzen mit einem Partner, der ebenfalls mit einem Bokken bewaffnet ist. Im Iwama-Ryu von Saito gibt es 5 Kumi-Tachi, welche ebenfalls einfach durchnummeriert sind (Itchi-/ Ni-/ San-/ Yon-/ Go-no Tachi). Die Kumi-Tachi lehren die Schüler unter anderem, wie sie abwechselnd die Mittellinie kontrollieren und sich von ihr wegbewegen können, um Angriffen auszuweichen sowie wie sie sich mit den Angriffen des Gegners harmonisieren können in einer 6. Kumi-Tachi-Übung, der Kimusubi-no-Tachi. Daneben werden alternative Varianten (Henka) gelehrt, die idR dazu führen, dass die Kumi-Tachi-Form vorzeitig endet, indem einer der Übenden eine Öffnung des Anderen ausnutzt, um ihn zu schlagen oder zu werfen. Toshiro Suga zeigt auf seinem Ken-Lehrvideo 7 kurze und 10 komplexe Kata-Formen. Christian Tissier schafft es in seiner Aiki-Ken-App auf 32 Kata-Folgen.

Tachi-Dori (Ken-Dori)

Der Begriff Tachi-Dori beschreibt die Schwert-Entwaffnungstechniken. Dabei greift der mit dem Schwert bewaffnete Uke einen unbewaffneten Nage mit dem Bokken an. Typische Angriffe sind Shomen Uchi, Yokomen Uchi und Tsuki. Im realen Leben wäre es besser, Reiß aus zu nehmen. Aber hier tritt der Nage der Gefahr todesmutig entgegen und wendet sein ganzes Wissen und Können an, um den Angreifer mühelos zu entwaffnen.

Eine Sonderform des Tachi-Dori entsteht, wenn der mit dem Schwert angegriffene Nage nicht ganz unbewaffnet ist. So könnte er z.B. einen Kampffächer (Tessen), ein Tanto oder einen kurzen Stock für die Entwaffnungstechniken verwenden. Derartige Formen (Tessen Jutsu) sieht man selten.

Tachi-Nage (Ken-Nage) – „mit dem Schwert werfen“

Im Gegensatz zu den Tachi-Dori Techniken greift beim Tachi-Nage, ähnlich des Jo-Nage, der unbewaffnete Uke einen mit dem Schwert bewaffneten Nage an. Diese Situation ist natürlich recht unrealistisch, außer der unbewaffnete Angreifer sieht darin seine einzige Chance am Leben zu bleiben. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Nage das Schwert noch nicht gezogen hat und Uke versucht, ihn daran zu hindern. Tatsächlich haben die im Aikido verwendeten Fassangriffe historisch betrachtet, das Ziel, einen bewaffneten Samurai am Ziehen des Schwertes zu hindern.

Auch bei bereits gezogenem Schwert sind Situationen denkbar, wo Uke durch Festhalten des Schwertarmes weitere Aktionen Nages zu verhindert versucht. In diesen Fällen hat Nage die Techniken mit dem Schwert an einem unbewaffneten, ihn blockierenden Uke auszuführen.

Das höchste Ziel dabei, ist „Saya no uchi no Kachi“ – Siegen, ohne das Schwert zu ziehen. Der Angegriffene muss sich demnach mit dem ungezogenen Schwert verteidigen. Das „ungezogene Schwert“ kann auch gegen einen Waffenangriff verwendet werden.

Tachi-Nage findet zudem Anwendung in Unterrichtssituationen, in denen der Lehrer seinen Schülern die Verbindung von Schwertformen und waffenlosem Aikido demonstrieren möchte.

Ken Tai Jo – Bokken versus Jo

Im Ken Tai Jo greift ein mit einen Jo bewaffneter Gegner den Schwertkämpfer an. Der Jo hat dabei den Vorteil einer etwa 20 bis 30 cm längeren Reichweite. Mit Hilfe des Jo ist es möglich, einen Schwertkämpfer empfindlich zu treffen, ohne in dessen Reichweite zu gelangen. Ken Tai Jo Techniken sind dazu gedacht, einen angreifenden Jo abzuwehren und sich gleichzeitig in die Schlagdistanz mit dem Schwert zu bringen, um den Angreifer zu neutralisieren.