Ken, Katana & Co

In der Jahrtausende währenden Geschichte Japans gab es – ähnlich wie in Europa – nicht nur ein Schwert, sondern eine ganze Reihe verschiedener Schwerttypen. Am bekanntesten ist heute das japanische Langschwert Katana, der Endpunkt einer langen Entwicklung und „die Seele des Samurais“. Um das Katana ranken sich viele Legenden und es lassen sich ganze Bücher darüber füllen.

Die technischen Fähigkeiten, mit dem Schwert umzugehen, werden als Kenjutsu bezeichnet. Der Ausdruck „Ken“ bezeichnet ursprünglich gerade, zweischneidige Schwerter mit einer symmetrischen Klinge und einer zentrierten Spitze. Derartige Schwerter waren im Japan des 7. bis 9. Jahrhunderts üblich. Im 9. Jahrhundert ging man zu säbelähnlich gekrümmten, einschneidigen Schwertern mit Klingen von mehr als 75 cm Länge über. Diese werden „Tachi“ genannt. Tachi wurden mit der Schneide nach unten am Gürtel hängend getragen. Die Gefechte der damaligen Zeit liefen meist als Scharmützel zwischen kleineren Einheiten berittener, gepanzerter Bogenschützen auf größeren Distanzen ab. Das Tachi war die Sekundärwaffe für den Nahkampf. Mit der Änderung der Kampfweise vom Kavallerie- zum Infanteriegefecht in den Bürgerkriegen Ende des 14. Jahrhunderts ging aus dem Tachi ein neuer, kürzerer Schwerttyp, das Katana, hervor.*

Das Katana ist ein leicht gebogenes Langschwert (Daito = Dai für groß und To für Schwert) mit einer ca. 73 cm langen einschneidigen Klinge und einem ca. 30 cm langen Griff. Es wird meist zweihändig geführt. Bei einem Gewicht von ca. 900 bis 1400 g kann es aber auch gut nur von einer Hand bewegt werden.

Legendär wurde das Katana durch seine Stahlklinge, welche sowohl sehr scharf als auch sehr robust sein sollte. Mittels Kohlenstoffgehalt und Härteverfahren lassen sich die Materialeigenschaften des Stahls beeinflussen. Kohlenstoffreicher Stahl führt zu einer sehr harten, scharfen Klinge, welche gleichzeitig aber auch spröde und zerbrechlich ist. Kohlenstoffarmer Stahl gibt eine gewisse Elastizität, aber die Klinge stumpft dabei schneller ab. Die Lösung des Problems besteht in einer Sandwichkonstruktion, die aus mindestens 2 Stahlsorten besteht: einer gut verformbaren für den Kern und einer sehr harten für die Schneide. Beide Stahlsorten werden zunächst durch spezielle Schmiede- bzw. Härtetechniken veredelt, bevor sie schließlich zu einer Klinge ausgeschmiedet wurden. Die Verbindung einer harten Schneide mit einem elastischen Klingenkern verleiht der Katana-Klinge ihre enorme Widerstandsfähigkeit bei gleichzeitig großer Schärfe. Der weiche Kern und der Klingenrücken (Mune) des Katana sorgen dafür, dass sich das Schwert bei Belastung verbiegt, wodurch die Spannungen absorbiert werden und die Schneide intakt bleibt.

Die Klinge wird interessanterweise zunächst nahezu gerade geschmiedet. Die besondere Krümmung (Sori) des Katanas resultiert aus der während des Schmiedens angewandten Wärme- bzw. Kältebehandlung des Stahls, welcher sich an der Schneide ausdehnt und dabei krümmt. Japanische Schwertschmiede haben dabei gelernt, sehr differenziert vorzugehen und so in einem jahrhunderte langen Optimierungsprozess die vollkommene Krümmung zu erzeugen, welche die perfekte Verlängerung des leicht gebeugten Arms darstellt. Exakt diese Krümmung lässt das Schwert besonders effektiv schneiden.

Die traditionelle Herstellung eines Katanas ist sehr aufwändig und beansprucht mehrere Wochen. Die Schmiedekunst hat sich bis heute erhalten. Im heutigen Japan darf ein Schmiedemeister lediglich zwei Langschwerter pro Monat schmieden. Eine Kommission begutachtet jährlich die bester Schwerter aller Schmiede und stellt eine Rangliste der Schmiede auf. Je besser der Schmiedemeister hierauf platziert ist, um so höhere Preise kann er für seine Schwerter verlangen. Handgefertigte, authentische Katana können so schnell zwischen 10.000 bis 50.000 Euro und mehr kosten. Bereits zu den feudalen Zeiten waren Katana teure Statussymbole.

Zum Katana gehört eine Scheide (Saya) aus lackiertem Holz. Das Katana wurde samt Scheide mit der Schneide nach oben durch den Gürtel (Obi) gesteckt getragen. Diese Trageform setzte sich nach dem Ende der japanischen Bürgerkriege im frühen 17. Jahrhundert (Edo- oder Tokugawa-Zeit) durch, nachdem das Tragen einer Rüstung nicht mehr zum Samurai-Alltag gehörte. Damals wurde das Katana eher zu einer Duellwaffe gegen schwach oder gar nicht gerüstete Gegner.

Die großen kriegerischen Auseinandersetzungen waren zu dieser Zeit bereits beendet. Es entstand eine neue Gesellschaftsordnung, welche auf vier Kasten beruhte. Die Samurai mussten ihre Sonderstellung in der neu entstandenen Stände-Gesellschaft durch Abgrenzung von den niedrigen Kasten (Händler, Handwerker und Bauern) rechtfertigen. Um die Bauern zu befrieden, wurden alle Schwerter, die länger als ein Kurzschwert oder Messer waren, konfisziert. Nur noch die Samurai durften Langschwerter tragen. In dieser Zeit wurde das Katana zur „Seele des Samurai“ verklärt.

Zur standesgemäßen Ausrüstung eines Samurai gehörte (neben kleineren Kampfmessern) auch der kleine Bruder des Katana: das Wakizashi oder Shoto, dessen Klinge ca. 46 cm lang ist**. Katana und Wakizashi ergaben zusammen das Daisho (bedeutet „Groß und Klein“) genannte Schwertpaar, welches stets gemeinsam mit der Schneide nach oben im Gürtel getragen wurde. Das Shoto diente im Kampf als Ersatzschwert, falls das Katana brach bzw. nicht mehr verfügbar war. Das Wakizashi durfte innerhalb von Gebäuden im Gürtel behalten werden, während das Katana meist abgelegt werden musste. Bei Auseinandersetzungen auf engem Raum eignete sich das Shoto ohnehin wesentlich besser, da seine Handhabung weniger Platz als die des Langschwertes benötigte. Der berühmte Schwertmeister Miyamoto Musashi (1584 – 1645), bekannt durch sein „Buch der Fünf Ringe“ (Gorin no Sho), konnte – der Legende nach – im Gefecht Katana und Shoto gleichzeitig perfekt benutzen. Gemäß des Bushido, des Ehrenkodex der Samurai, wurde das Wakizashi zur rituellen Selbsttötung (Seppuku, Harakiri) benutzt.

Mit einer Klingenlänge von unter 30 cm ist das Tanto das kürzeste japanische Schwert. Als Teil der Ausrüstung der Samurai steckte es neben Katana und Shoto im Gürtel. Das Tanto wurde vor allem zur Notwehr verwendet, wenn alle größeren Waffen nicht mehr verfügbar waren. Auf Grund seiner recht geringen Größe lässt sich ein, insbesondere kleines Tanto sehr gut in der Kleidung verstecken und konnte für Überraschungsangriffe eingesetzt werden.

Katana, Shoto und Tanto sind scharfe Stich- und Schnittwaffen. Die unterschiedlichen Klingenlängen zielen auf verschiedene Distanzen zum Gegner ab. Während das Tanto in der Nahdistanz zum Einsatz kommt, ist es bei Shoto und Katana möglich, den Gegner aus einem größeren Abstand zu schneiden.

*Das Tachi hatte danach jedoch nicht ausgedient. Es fand auch weiterhin Verwendung, wenn die Samurai in voller Rüstung auftraten. Das Katana wurde dagegen als Bestandteil der Zivilkleidung getragen. Als Zweitwaffe wurde zum Tachi meist ein Tanto (Messer, kurzes Schwert) getragen anstelle des zum Katana gehörigen Wakizashi. Aufwendig verzierte Tachi fanden ihren Platz als zeremonielle Prunkwaffen bei den Fürsten (Daimyo) und Beamten des kaiserlichen Hofes.

** Ein Wakizashi durfte auch von hochangesehenen Bauern und Händlern getragen werden.

 Das Katana und seine Bestandteile



Das Katana und seine Bestandteile
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